beiläufige begebenheit

sie sind sich beiläufig begegnet
im november, abends in der stadt
sie weiß noch wie stark es geregnet
und das stadtlicht gespiegelt hat

und sie standen im torbogen unter
warteten, dass der wolkenbruch ging,
sie beäugten sich, lächelten munter
so begann, was sich bald schon verhing

er trank heißen grogh, sie schokolade
als sie aufwärmten sich im café
als es schloss, fanden sie das sehr schade
und begannen flugs ihr tête-à-tête

eine woche schon währt’ die romanze
und schon weniger wurde die glut
und man schaute nach andern beim tanze
ein paar wochen gings sicher noch gut

jeder weiß, dass es früh oder später
erlischt, wenn es gar zu hell brennt
er sei wieder single, gesteht er
man habe sich beiläufig getrennt

© 2023, stachelvieh. einfach gedanken…. All rights reserved.

keine chance

ein lauter schrei
hallt durch das haus
ganz deutlich klingts:
ich will hier raus!
ich spür wie
etwas an mir reißt
haut spannt wie folie
fest verschweißt
dehnt sich und
gibt kein quentchen nach
nochmal der schrei
ich merke, ach
das bin ja ich
die sich da windet
die haut sich krallt
ob sich nicht findet
ein kleines loch
um zu entkommen
doch da ist nichts
vom kampf benommen
realisier ich
(dritter schrei)
ich komme niemals
von mir frei
muss leben mit
den eignen macken
kann mir kein
andres leben backen
mit der erkenntnis
lass ich los
ich schrei nicht mehr
ich seufze bloß…

© 2023 – 2024, stachelvieh. einfach gedanken…. All rights reserved.

windige begebenheit

tagsüber lief ich durch das grün
ich eilte sehr und staunte doch:
wieviele menschen vormittags
durch unsre parkanlagen ziehn!
arg rüttelte an mir der wind
und an der wiese schaute ich
was denn die vielen leute machen
sie hielten leinen in der hand
doch nirgends sah ich einen drachen
es flogen krähen nur und blätter
dabei war heut doch drachenwetter!
doch dann sah ich genauer hin
zu den leuten mit den schnüren
sah, dass ich wohl im irrtum bin
wie die scham stieg konnt ich spüren
als ich erkannte, was sie taten
sie führten hunde nur spazieren
auf das schämen folgte just lachen
erleichtert, dass sie unten blieben
dann hat der wind mich fortgetrieben…

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november-so-nett

das jahr kommt langsam in die jahre
und färbt wie jemand, der versucht
zu verhindern noch der jugend flucht
in bunten farben sich die haare

der wind kommt, strubbelt alle köpfe
den bäumen geht das blattwerk aus
längst schläft im nest die haselmaus
die jacken schließen alle knöpfe

die hände friern, die füße auch
gesichter ruhn auf dicken schals
die sonne macht sich häufig rar

herdfeuer husten über dächern rauch
und gänse fliehn mit langem hals
november ists, wie jedes jahr

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dem november

november, schick mir deine winde
die alles, was nicht fest, verwehen
auf dass ich davon nichts mehr finde
ich sähe wieder feste gründe
auf welchen sicher ist zu gehen

und lass nur deine nebel steigen
die jede kante wabern weich
die nicht die scharfen kanten zeigen
decken das laute zu im schweigen
verschlucken mich in ihrem reich

es ist nicht viel, was ich ersehne
ich weiß es ja, du trägst gern fahl
wenn ich in meinem sessel lehne
beim schein der kerze mag ich jene
tage gern, gelegentlich einmal

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