einsames blatt im lenz

ich sitze auf dem kahlen aste
im jahr das erste meiner art
die andern lassen noch nichts gucken
sind etwas ängstlich und sehr zart

die nächte sind doch noch gar frostig
ich trag des morgens weißen pelz
und kommt die sonne und berührt mich
dann flieht er mich mit zartem schmelz

ich sitze auf dem kahlen aste
und recke mich hinauf zum licht
ich hoffe, dass die andern folgen
alleine bleiben möcht ich nicht

manchmal besucht mich eine amsel
ganz hoch im baum, wo man gut sieht
sie putzt ihr glänzendes gefieder
und singt danach ihr schönstes lied

ich sitze auf dem kahlen aste
und seh, was um mich rum passiert
hör meisen streiten, spatzen schwatzen
und ich bin meistens amüsiert

wenn doch nun bald die andern folgten
dann hätt schon bald gefährten ich
wär zwar nicht mehr so einzigartig
doch damit arrangier ich mich

ich sitze auf dem kahlen aste
die knospen wärmt der sonnenschein
und wenn die nächste endlich aufspringt
dann sind wir wenigstens zu zwein

© 2024, stachelvieh. einfach gedanken…. All rights reserved.

ausgesät

im topf
die dunkle krume
liegt noch brach
darunter die
winzigen kerne
schlafen noch
warten auf die
ersten triebe

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bald

am morgen steigt die sonne jetzt schon hoch
in ihrem gold die mauerbiene sitzt
und sich den pelz wärmt für ihr tagewerk
da sie die frühen blüten sucht im grün

ihr dasein währt nur kurz, und sie muss eilen
ich seh ihr nach, lass die gedanken fliegen
freu mich auf jede blüte die sich zeigt
auf frisches grün an alten lindenbäumen

auf vogelsänge morgens in der früh
auf offne fenster einen sommer lang
auf kurze schatten zwischen weizenfeldern
der lerche ruf ganz hoch im himmelsblau

ich träum von weißgebauschten wolkenflotten
hoch über mir, wenn ich im grase lieg
vom barfußgehn im milden sommerregen
vom heckenrosenduft im abendwind

noch ring ich mit den folgen dieses winters
mit heißen tees, mit salbei und mit schlaf
und wenn ich alles dann hab überwunden
dann frühling, leg nur endlich richtig los!

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ende februar

spät tauchte die sonne auf
aus dem grau von heute morgen
leichter wogen gleich die sorgen
und der tag nahm seinen lauf

wind blies kalt, ich gab nichts drauf
hatte vieles zu besorgen
spät tauchte die sonne auf
aus dem grau von heute morgen

früh schon sang die amsel auf
auf dem first im dämmermorgen
im ligusterstrauch verborgen
lautes spatzentschilpgerauf
und spät tauchte die sonne auf

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kirschzweige

im krug
braune zweige
sehe ich sie an
entdecke ich
ein ums andere mal
neue risse in
ihren knospen
daraus weiß dringt
und grünes auch
in der stille
meine ich zu hören
wie es leise
knistert

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