einsames blatt im lenz

ich sitze auf dem kahlen aste
im jahr das erste meiner art
die andern lassen noch nichts gucken
sind etwas ängstlich und sehr zart

die nächte sind doch noch gar frostig
ich trag des morgens weißen pelz
und kommt die sonne und berührt mich
dann flieht er mich mit zartem schmelz

ich sitze auf dem kahlen aste
und recke mich hinauf zum licht
ich hoffe, dass die andern folgen
alleine bleiben möcht ich nicht

manchmal besucht mich eine amsel
ganz hoch im baum, wo man gut sieht
sie putzt ihr glänzendes gefieder
und singt danach ihr schönstes lied

ich sitze auf dem kahlen aste
und seh, was um mich rum passiert
hör meisen streiten, spatzen schwatzen
und ich bin meistens amüsiert

wenn doch nun bald die andern folgten
dann hätt schon bald gefährten ich
wär zwar nicht mehr so einzigartig
doch damit arrangier ich mich

ich sitze auf dem kahlen aste
die knospen wärmt der sonnenschein
und wenn die nächste endlich aufspringt
dann sind wir wenigstens zu zwein

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kommun…ion ist alles

gespräche
abgesonderte wörter
willkürlich zu sätzen
gefädelt
fliegen hin und her
im ersten lauschen
ein roter faden
entpuppt sich als
gar mürbes seil
im wechsel von
sagen und erfassen
wenn doch der hörer
darauf schaut wie auf
einen verdorbenen bissen
spar dir
deine wohlgesetzten worte
der andere führt
selbst|gespräch

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ausgesät

im topf
die dunkle krume
liegt noch brach
darunter die
winzigen kerne
schlafen noch
warten auf die
ersten triebe

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unklar

wo
ich sein will
weiß ich nicht
ich weiß nur
dass ich bin
und ich bin
hier
ob das gut ist
fühl ich nicht
immerhin ist es
ein ort
den zu benennen
mir nicht gelingt
und es ist doch
immerhin
ein ort
wie ich herkam
bleibt schwache
erinnerung
wenn ich mich
erkennte
wüsste ich

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bald

am morgen steigt die sonne jetzt schon hoch
in ihrem gold die mauerbiene sitzt
und sich den pelz wärmt für ihr tagewerk
da sie die frühen blüten sucht im grün

ihr dasein währt nur kurz, und sie muss eilen
ich seh ihr nach, lass die gedanken fliegen
freu mich auf jede blüte die sich zeigt
auf frisches grün an alten lindenbäumen

auf vogelsänge morgens in der früh
auf offne fenster einen sommer lang
auf kurze schatten zwischen weizenfeldern
der lerche ruf ganz hoch im himmelsblau

ich träum von weißgebauschten wolkenflotten
hoch über mir, wenn ich im grase lieg
vom barfußgehn im milden sommerregen
vom heckenrosenduft im abendwind

noch ring ich mit den folgen dieses winters
mit heißen tees, mit salbei und mit schlaf
und wenn ich alles dann hab überwunden
dann frühling, leg nur endlich richtig los!

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