paradox

sie war
nicht fortgegangen
hatte den ort
nicht verlassen
und war doch
nicht geblieben
ihr geist war
ständig auf der flucht
und wusste doch nicht
wohin

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über die schwierigkeit mit der nähe [versuch]

wie war doch die anziehung riesig
als sie sich einst nahe kamen
immer enger umkreiste er sie
zeigte ihr seine helle seite
sein wunderbares lächeln
und die andere zeigte er nie

er wollte noch näher ihr kommen
noch lang nicht am ende sich wähnend
doch prallte er hart von ihr ab
vielleicht wars ein falscher winkel
oder gar ihre atmosphäre
der wohl dafür den ausschlag gab

so zogen sie beide von dannen
auf der suche nach anderen halten
nur selten erinnernd sich noch
sie kreist weiter, vom sternensein träumend
während er auf der suche nach nähe
sich fest band an ein schwarzes loch

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berichte von einsamkeit

21

da sitzt er nun, das bier vor sich längst schal
an jedem langen tag, sobald es dunkelt
empfindet er sein dasein nur als lange qual
die küchenfunzel als das einzige, was funkelt

an jedem langen tag, sobald es dunkelt
vermisst er sie, auch noch nach vierzehn jahren
die küchenfunzel als das einzige, was funkelt
im bild, das zeigt, wie glücklich sie einst waren

vermisst er sie, auch noch nach vierzehn jahren
fehlt seinem leben nun der rote faden
im bild, das zeigt, wie glücklich sie einst waren
kann er doch nur erinnerungen laden

fehlt seinem leben nun der rote faden
die tage sind ihm ganz bedeutungslos
kann er doch nur erinnerungen laden
er kommt von seiner trauer doch nicht los

die tage sind ihm ganz bedeutungslos
empfindet er sein dasein nur als lange qual
er kommt von seiner trauer doch nicht los
und sitzt da nun, das bier vor sich längst schal

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winterreise im ohr

fremd bin ich eingezogen*
frag mich nicht wer ich sei
hab aufgehört zu fragen
bin aller antwort frei
ich geh so viele jahre
und suche meinen sinn
so oft ich stellt die frage
wusst nie, warum ich bin
hab mir die welt erwandert
in ausgetretnen schuhn
hab viel entdeckt, erfahren
bin müde, möchte ruhn
doch hab ich nicht gefunden
noch meines lebens zweck
und so kann ich nicht rasten
muss stets gleich wieder weg
so haste ich durchs leben
und bin mir selbst ein graus
und so wie ich gekommen –
fremd zieh ich wieder aus*

* die ersten beiden verse aus schuberts ‚winterreise‘, 1. lied ‚gute nacht‘

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malade

ein dämmern
das auf allem liegt
das ticken der uhr
als ständiges da capo
dieser einen sekunde
die nicht vergehen
will seit tagen
und nächten die
aneinander gekettet
doch nur das dämmern
wechselnd nuancieren
mikrokosmos der
schlafenden gedanken
während die welt
draußen sich weiter
dreht

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