und dann

ich warte
schon lange
schaue dir in
die landschaft
deines gesichts
gefältelt und
aufgeworfen von
den erschütterungen
eines langen lebens
ich warte
schon lange
und schaue
halte eine hand
kühl schmal und
leicht geworden
über die jahre
ich warte
schon lange
und schaue
und halte
lausche der
verletzlichkeit
deiner atemzüge
ruhig und flach
ich warte
dass etwas
geschieht
schon lange

und dann
in mein
warten hinein
lächelst du

lichtblick

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kreislauf

als max einst eine rede hielt
verlor er seinen faden
das wort blieb ungeladen
vergeblich suchte er wie wild

stolperte die rede noch ins ziel
der faden blieb abhanden
bis ihn zwei kinder fanden
und weil es ihnen grad gefiel

brachten sie ihn zum fundbüro
dass man ihn wiederfinde
man loses damit binde
dort blieb er lang. er hoffte so

dass max ihn immer noch vermisst
allein es trog das hoffen
sein fall blieb lange offen
bis dann frau schulz gekommen ist

die ihn ersteigernd dann erwarb
(er war echt ein gedicht!)
was würde, ahnte er nicht
nur, dass nicht nutzlos er verdarb

sie schlang ihn flink ins nadelspiel
so wurde er zur mütze
dass ihren sohn sie schütze
ein glück auch, dass sie max gefiel!

insp. by @oriXXXgenes: Der Weg verlor sich.

vom weg zum faden war es nur ein gedankensprung …

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Verortung #frapalywo No. 5

-für ahmed-

sicher
erwartest du
von dem winzigen dorf
am fuße des ar-rif
zu hören dem ort
meiner geburt
und kinderzeit
von dort brach
ich auf vor mehr
als zwanzig jahren
war hier und dort
tat dies und das
bis ich die traf
die meine tochter
mir schenkte
da blieb ich
in der welt
kühler sommer
nasskalter winter
hier wo sie mich
noch immer mustern
hier bin ich
angekommen
du meintest ich
spräche von
meinem dorf
du hattest mich
nach meiner heimat
gefragt

impuls: „heimat aus sicht eines mannes“

alle texte lest ihr hier: #frapalywo tag 5, text 5 – männersicht und heimat/heimatwoche

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alter Kirschbaum #frapalywo No. 4

ende juni
wenn die jungen
aus dem dorf
großvater wieder
zu grüßen anhuben
zur probe das
klettern üben
die leiter ignorieren
den korb an einem
seil ast für ast
nach oben hieven
großmutter grüßen
in ihrer geschäftigkeit
hinter offenen fenstern
bäuchlings auf ästen
wo nie eine leiter war
nach den prallen
früchten greifen
(eine war immer
für den mund,
zwei paarweis
verwachsene schmückten mädchenohren)
großvater spuckte
die kerne weiter
aber ich wuchs
ja noch

ich wuchs
er ist nicht mehr
ich aß nie wieder
solche kirschen

impuls: „heimat ist erde, land, das stück gras vor der tür“

alle texte lest ihr hier: #frapalywo tag 4, text 4 – erde und heimat/heimatwoche

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erstaunen

manche
hätten gern
stets wein im glas
rosinen im teig
taler im hemd
einen goldesel
ein schloss
einen pool auch
und einen hauch
aus famas atem
ewig hungrig
wissen sie
denn nichts
vom brot und
vom frieden?

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