unter der alten kastanie

die glanzlackierten braunen knospenspitzen
an den kastanienzweigen rissen heute auf
bevor grünhändig sie im himmel fingern
setzen sie ihren häuptern kerzen auf

wenn dann den zweigen grüne igel wachsen
wird dieses jahr schon längst erwachsen sein
des sommers füllhorn schenkt dann reich ernte
und läutet zeiten eines großen wandels ein

der baum wird in der zwischenzeit viel sehen
ich werde sicher ihn ganz oft passieren
die amseln ziehen zweimal kinder auf

hunde schnüffeln am stamm das weltgeschehen
in seinem schatten wird wer einen kuss riskieren…
und plötzlich ist das jahr im zieleinlauf

© 2021, stachelvieh. einfach gedanken…. All rights reserved.

ver/lime/rickt

bin den weg nicht gegangen zwei tage
ganz verändert scheint heute die lage
alle welt scheint viel grüner
die magnolie wird kühner
ob der frost noch mal kommt, bleibt die frage

dicht geduckt unterm zaun stehen trauben
hyazinthen die ganz ernsthaft glauben
wenn sie sich genug recken
sie die sonne erwecken
gurrend lästern ein paar ringeltauben

elstern streiten um die besten plätze
weidenkätzchen tragen güldene schätze
ein schnecke schaut aus
ihrem häuschen heraus
spinnen knüpfen zartseidene netze

stare stochern durch vorstadtrabatten
bärlauch duftet im auenwalschatten
und die sonne hat kraft
die veränderung schafft –
wenn die wolken es einmal gestatten

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teichfrühling

ruhig ist es, der wind schlief morgens ein
aus trocknem ried schiebt sich nun frisches grün
nicht lang dann wird der igelkolben blühn
das wird den teichhühnern die kinderstube sein

ein reiher steht einsam mitten im spiegelglas
des teichs, sein bein schreibt in die fläche ringe
wie wenn bei ihm die zeit langsamer verginge
verharrt er starr als ob er längst vergaß…

die ersten bienen torkeln durch das gras
laben sich an der gänseblümchen wonnen
die zwischen halmen tupfen kleine sonnen
wo gestern noch ein kleiner krokus saß

schon hörte ich den ersten krötenlaut
das lange taglicht hat sie längst geweckt
ich sah sie nicht, sie hat sich gut versteckt
hängt perlenschnüre bald unter die wasserhaut

die amsel nimmt am ufersaum ein bad
den nackten bäumen wachsen kormorane
wie ich des sommers fülle schon erahne
der frühling legte längst dafür die saat

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flashback

vor dem fenster
toben winde
die vergangenheit
erinnern mit der
verhallenden stimme
des winters
ich höre darin
wie du „bis bald“
sagtest damals
zum letzten mal
und ich spüre
es ist nicht
vorbei

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veilchen

heute
sah ich dieses
wundervolle
blau
knapp über
dem grün
seiner blätter
hob es seinen
kopf und hatte
dieses strahlen
das mich still
lächeln
ließ

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